Beitrag von Marco Weisenstein

 

Energiewende in Zeiten steigender Energiepreise

Durch den Krieg in der Ukraine wird der Energiewende zurzeit größere Beachtung geschenkt, abseits vom Aspekt des Klimawandels. „Freiheitsenergie“ nennt es Finanzminister Christian Lindner (FDP), Energieminister Robert Habeck (Grüne) meint, der Ausbau von erneuerbaren Energien sollte von einem „ökologischen Patriotismus“ getrieben sein und „jede Windkraftanlage und Solaranlage ist ein Stück Sicherheit“, sagt SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty aus NRW. Durch die gestiegenen Rohstoffpreise für Öl, Gas und Kohle werden zudem Photovoltaik-Anlagen und Co. neben dem Aspekt der nationalen Unabhängigkeit auch immer wirtschaftlicher. Schon heute profitieren viele Eigenheimbesitzer beim Verbrauch des Stromes ihrer eigenen Photovoltaik-Anlagen. Je mehr Eigenverbrauch man hat und je höher der Strompreis beim Energieversorger wird, desto profitabler ist die eigene Anlage. Während nach dem Fraunhofer ISE die Stromentstehungskosten bei kleinen PV-Dachanlagen umgerechnet bei ca. 11 bis 13 Cent pro Kilowattstunde [1] liegen, lag der durchschnittliche Strompreis in Deutschland 2022 nach dem Vergleichsportal Check24 bei 36,19 Cent pro Kilowattstunde [2].  Tendenz steigend. 

 

Situation bei Mehrparteienhäusern und Mieterstrom

Doch während es auf dem Land viele Einfamilienhäuser im eigenen Besitz gibt, leben gerade in der Stadt oder den vorderstädtischen Bereichen viele Menschen Mehrparteienhäusern. Oftmals zur Miete. So auch in Gomaringen.

 Wie können auch diese Mitbürger an den Vorteilen der solaren Energieerzeugung teilhaben? Dies ist mit dem sogenannten Mieterstrom möglich. Es ist aber schwieriger als im Eigenheim, da insbesondere der oder die Eigentümer des Gebäudes mitspielen müssen. Wer als Eigentümer eines Mietobjekts eine Photovoltaik-Anlage für den Mieterstrom betreibt, liefert dadurch nicht nur einen aktiven Beitrag zur Energiewende, sondern verbessert damit auch den Wert des Mietobjekts und kann auch durch einen Mieterstromzuschlag profitieren. Der Mieter profitiert wegen dem Wegfall diverser Steuern und Umlagen von einem günstigeren Stromtarif, hierzu werden Angaben von 10 % – 20 % Einsparungen gemacht [3]. Auch hier gilt: Je besser der Stromverbrauch zur solaren Einstrahlung passt, desto günstiger kann ein Tarif ausfallen. Auch wenn Baden-Württemberg hinsichtlich der installierten Photovoltaik-Leistung im Deutschlandweitem vergleicht gut dasteht, gibt es noch viel Potential an freien Dächern.

 

Win-Win-Situation für alle

Der Mieterstrom wurde mit dem EEG2017 eingeführt, war aber bislang kein großer Erfolg. Nur wenige nutzten diese Option. Mit dem EEG2021 wurde das Mieterstrommodell attraktiver gemacht. Der Mieterstromzuschlag wurde erhöht, Bürokratie erleichtert und das Lieferkettenmodell verbessert. Die Eigentümer stehen durch das geänderte Lieferkettenmodell bei dem Thema Mieterstrom nicht mehr allein da. Sie können das ganze Geschäft rund um die Stromlieferung der Mieter an Dritte weitergeben und fungieren dann nur noch als Anlagenbetreiber oder Bereitsteller des Dachs bzw. Installationsorts (siehe Abbildung zum Schema Mieterstrom). Einige Stadtwerke, Energieversorgungsunternehmen oder Energiegenossenschaften bieten solche Dienstleistungen auch in Kombination mit Pacht- und Konzessionsmodellen an. Dabei ist das Ziel, dass das Modell für alle, d. h. Mieter, Eigentümer und den Dienstleister lukrativ bleibt.

Das Bild am Ende dieses Artikels veranschaulicht das Schema zum Mieterstrom (eigene Darstellungangelehnt an [4]).

 

Von der Idee zur Mieterstrom-Anlage bis zum Mieter

Am einfachsten ist es, wenn der Wunsch bzw. die Idee einer Photovoltaik-Anlage von dem Eigentümer bzw. Vermieter ausgeht und dieser den Mieterstrom nutzen will, um seine Erlöse durch die Photovoltaik-Anlage zu steigern. Hier bietet sich die Zusammenarbeit mit einem Energieversorger (z. B. Stadtwerke) an und die Anfrage an diesen wäre der erste Schritt zu einer Mieterstrom-Anlage. Der Energieversorger kann dann auch schnell feststellen, ob das Gebäude überhaupt für eine Photovoltaik-Anlage und Mieterstrom geeignet ist. Den Mieter für den Mieterstrom an Bord zu holen, wird bei steigenden Strompreisen leicht fallen. An dieser Stelle gilt noch zu erwähnen, dass Mieter prinzipiell die Wahlfreiheit haben, von welchem Energieversorger sie Strom beziehen. Mieterstrom bietet aber bei passendem Verbrauchsprofil einzigartig günstige Stromtarife, mit denen kein anderer Energieversorger aktuell mithalten kann. Es ist auf jeden Fall notwendig, dass alle Beteiligten entsprechende Verträge abschließen. Etwas schwieriger wird es, wenn der Wunsch des Mieterstroms vom Mieter oder der Mietergemeinschaft selbst kommt. Auch hier kann der Energieversorger als professioneller und vertrauenswürdiger Partner fungieren, bei dem man Informationen und Modelloptionen einholen kann, bevor man mit dem Thema an den Eigentümer bzw. Vermieter herantritt.

 

Fazit

Das EEG2021 sowie die steigenden Kosten für fossile Energie machen Mieterstrom attraktiver und i. d. R. profitabel für alle Beteiligten. Letztendlich ist jedoch das Engagement der Vermieter sowie Mieter gefragt, das Thema Mieterstrom ins Rollen zu bringen. Nehmen Sie es in die Hand, informieren Sie sich weiter und sprechen Sie mit Ihren Mietern oder Ihren Vermietern oder dem Energieversorger Ihres Vertrauens über ein mögliches Mieterstrommodell. Alternativ kann jeder die Mitgliedschaft in einer Energiegenossenschaft in Erwägung ziehen, Informationen dazu finden Sie Online (https://energiewende.baden-wuerttemberg.de/mitmachen/energiegenossenschaften/buergerenergiegenossenschaften-energiewende-selbst-gemacht).

Wer eine eigenständige Kalkulation für seine Immobilie vornehmen möchte, kann dies mit geeigneten Programmen wie dem „StromLux Calc“ vornehmen [5].

 

[1] https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik-in-deutschland.pdf

[2] https://www.check24.de/strom/strompreise/

[3] https://www.solarserver.de/wissen/basiswissen/mieterstrom/

[4] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/Energie/Vertragsarten/Mieterstrom/start.html

[5] https://portal.stromlux.netze-bw.de/StromLuxCalc

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